Immobilienpreise laufen den Mieten davon

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2. Teil: Was den Preisanstieg wohl empfindlich dämpfen könnte

Und die Wohnungsnot dauert an: 2019 entstanden laut Bauindustrie 300.000 neue Wohnungen in Deutschland statt 375.000, wie von der großen Koalition angepeilt. Längst kommt die Baubranche der Flut der Aufträge nicht mehr hinterher. 2018 waren zwar 693.000 Wohnungen schon genehmigt, aber noch nicht gebaut. „Deutschland steht in einem Baustau“, sagte Georg Thiel, Präsident des Statistischen Bundesamts.

Neubauten in 2019 weit unter den Erwartungen

Noch Mitte der 1990er Jahre wurden mehr als 600.000 Wohnungen jährlich in Deutschland errichtet – danach stiegen die Immobilienpreise im Schnitt kaum. Über Jahre wurde immer weniger gebaut bis zum Tiefpunkt in der Finanzkrise 2009. Seither geht es aufwärts: Binnen zehn Jahren hat sich der Umsatz mit Wohnungen, Häusern, Grundstücken und Agrarflächen mehr als verdoppelt auf den Rekord von 269 Milliarden Euro, so die deutschen Gutachterausschüsse.

Steigen die Preise nun noch Jahre weiter? „Ein Immobilienboom stirbt nicht an Altersschwäche“, sagte Stefan Mitropoulos von der Landesbank Helaba. „Die vergangenen fünf Immobilienzyklen seit dem Jahr 1975 sind alle mit einer Rezession zu Ende gegangen.“ Die Konjunktur in Deutschland sei aber robust. „Ich sehe keine Rezession und schon gar keine, die ein Sinken der Immobilienpreise auslösen könnte“, sagte Mitropoulos.

Wohl nur eine veritable Rezession könnte die Preise empfindlich dämpfen

Für weniger Druck auf dem Land sorgt mancherorts ein Überangebot. In 69 der 401 kreisfreien Städte und Landkreise wurden in den vergangenen zwei Jahren mehr als 50 Prozent mehr Wohnungen gebaut als nötig, stellte das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) fest. „Die Folge ist Leerstand“, sagte IW-Experte Michael Voigtländer.

In den Städten hingegen wächst die Furcht vor Übertreibungen. „Die Blasengefahr ist auch hoch, weil die Preise vielerorts dem mittleren Einkommen beziehungsweise Eigenkapital entronnen sind“, warnte der Immobilienspezialist Empirica. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung sieht die Signale „zumindest auf Gelb“. Und selbst die zurückhaltende Bundesbank meint, die Immobilienpreise in Städten seien bis zu 30 Prozent höher als ökonomisch begründbar.

Die Warnungen bedeuteten aber nicht, dass sich Wohnungen und Häuser zwangsläufig um 20 oder 30 Prozent verbilligen müssten, sagte Mitropoulos. Dagegen sprächen auch die anhaltend niedrigen Zinsen und der Zustrom in die Städte. „Auch nach dem Wiedervereinigungsboom Mitte der 1990er kam es nicht zu einem Einbruch, sondern die Immobilienpreise stagnierten mehr als zehn Jahre lang oder sind leicht gefallen. Das kann sich so wiederholen.“

Quelle: dpa